Der Verein „Stadtbild Deutschland“ mit Sitz in Berlin setzt sich bundesweit und ehrenamtlich für Denkmalschutz, Rekonstruktion städtebaulich wichtiger Bauwerke sowie allgemein für klassisch-traditionelles Bauen und die Pflege regionaltypischer Stadtbilder ein.

Die über 700 Mitglieder des Vereins wählen jedes Jahr ein im vorherigen Jahr fertiggestelltes Gebäude, welches in herausragender Weise die Ideen des klassisch-traditionellen Bauens repräsentiert, zum „Gebäude des Jahres“.

Dieses Jahr fiel die Wahl der Mitglieder mehrheitlich auf den Hamburger Neubau mit der Adresse „Schulterblatt Nr. 37-39“ der Grundstücksverwaltung Landschulze, Architekten Ralph Matthiesen und Thomas Sontheimer aus Hamburg.

Das Wohnhaus ist ein kompletter Neubau, der aber gänzlich mit einer gründerzeitlich anmutenden Fassade versehen worden ist, um sich in das umgebende Stadtviertel und seine noch erhaltenen historischen Bauten einzufügen. Auch das Innere des Hauses wurde nach gründerzeitlichem Vorbild gestaltet. Nach den Versuchen etlicher Architekturbüros, wieder klassisch zu entwerfen und die einst etablierte Stil-und Formensprache neu zu interpretieren, greift das Wohn- und Geschäftshaus Schulterblatt 37-39 direkt auf den historischen Architekturstil zurück. Manche Experten werden bemängeln, dass hier nur etwas kopiert worden ist. Der Verein Stadtbild Deutschland sieht darin aber in erster Linie den Mut der Bauherrenschaft und der Architekten, den konsequent richtigen Schritt zu tun und sich dieser bewährten und immer noch beliebten Formensprache zu bedienen. Die Gründerzeitquartiere zählen in den meisten Städten immer noch -und mehr denn je – zu den beliebtesten Adressen und es ist daher nur logisch und folgerichtig, sich endlich zu diesem Stil und seiner Ausstrahlungskraft zu bekennen.

Die Architektur der Gründerzeit wurde lange als minderwertig und beliebig eingestuft, als eklektizistisch abgewertet. Ein Umdenken wieder hin zu mehr Gestaltungswillen und mehr Details und Ornamentik ist bisher seitens der Architektenschaft und innerhalb der Hochschulen nur zaghaft zu beobachten.

Umso wichtiger sind solche Impulse seitens der Bauherren.

Der Verein möchte mit dem Titel „Gebäude des Jahres 2023“ daher sowohl das Engagement des Bauherren als auch die Arbeit der Architekten ehren.

Für Dr. Maren Landschulze ist die Architektur der Gründerzeit reizvoll genug, um an ihre Tradition wieder anzuknüpfen. Nachdem ihre Firma schon Erfahrungen mit der Sanierung gründerzeitlicher Bauten sammeln konnte, war mit dem Bau dieses Hauses auch der Wunsch verbunden, dem Verschwinden gründerzeitlicher Bauten in Hamburg etwas entgegenzusetzen. Ziel war, einen hochwertigen, sich in die Umgebung einfügenden und damit nachhaltigen Neubau zu schaffen.

Die Architekten Ralph Matthiesen und Thomas Sontheimer haben sich an die Herausforderung gewagt, die historische Anmutung mit den heutigen Anforderungen in Einklang zu bringen, wobei einige Schwierigkeiten bewältigt werden mussten, die in beiliegendem Interview noch genauer erläutert werden. Sie konnten sich dabei auf Vorarbeiten des Architekten Michael Bannehr aus Munster stützen. Vorbild für den Bau war ein Entwurf des Hamburger Architekten Heinrich Schmidt von 1895.

Es ist üblich, dass die Wahl zum Gebäude des Jahres für den ersten Platz mit der feierlichen Übergabe einer Gravurtafel verbunden ist, deren Termin noch bekanntgegeben wird.

2. Platz: Das Klingnersche Haus in Potsdam

Das Klingnersche Haus am Alten Markt in Potsdam, eine Fassadenrekonstruktion des Originals von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff aus dem Jahr 1750, wurde vom Büro Van Geisten Marfels geplant und hat in unserer vereinsinternen Umfrage den 2. Platz erreicht. Der Bauherr, die Potsdamer Wohnungsgenossenschaft 1956 eG., hat hier der historischen Mitte Potsdams ein weiteres Stück ihrer Identität zurückgegeben.

3. Platz: Königshöfe im Barockviertel in Dresden

Den dritten Platz hat die Wohnanlage „Königshöfe im Barockviertel“ in Dresden erreicht. Bauherr Consus Real Estate  und das Architekturbüro Fuchshuber aus Leipzig haben hier das bedeutende Barockviertel der inneren Dresdner Neustadt angemessen ergänzt und dabei die historisch barocken Typologien in eine hochwertige, moderne Erscheinung transformiert.

Der genaue Termin für die Übergabe der Gravurtafel am Haus Schulterblatt 37-39 wird noch bekannt gegeben.