
Der Ortsverband Köln hat einen offenen Brief an die Inhaber von zwei Kölner Altstadthäusern verfasst, die kürzlich abgebaut wurden. Ebenfalls adressiert werden die Entscheidungsträger in Köln. Neben Stadtbild Deutschland haben auch zwei namenhafte Vereine unterzeichnet, die Gesellschaft historischer Neumarkt Dresden und die Nürnberger Altstadtfreunde.
Wer sich dem Apell anschließen möchte, der kann hier eine Petition mit unserem Anliegen unterzeichnen:
Für einen originalgetreuen Wiederaufbau der Altstadthäuser am Kölner Fischmarkt

An
die Inhaber der Häuser 1-3 am Fischmarkt, die Centralis Immobilien GmbH,
den Stadtkonservator Dr. Thomas Werner,
den Baudezernenten Markus Greitemann,
den Bezirksbürgermeister Andreas Hupke,
die Oberbürgermeisterin Henriette Reker:
Am Kölner Fischmarkt sollten zwei Fachwerkhäuser aus dem 16. Jahrhundert saniert werden. Dabei soll sich herausgestellt haben, dass aufgrund einer mangelhaften Sanierung in den dreißiger Jahren die Holzbalken so schwer geschädigt worden seien, dass die Fachwerkkonstruktion komplett zurückgebaut werden musste. Wie der Baudezernent und der Denkmalschutz kürzlich mitgeteilt haben, sollen die Balken für einen originalgetreuen Wiederaufbau nicht mehr zu gebrauchen sein.


Für den Wiederaufbau will der Stadtkonservator dem Investor deshalb jetzt nur noch grobe Vorgaben machen. So soll es wieder ein Steildach mit bisheriger Trauflänge und Firstlinie geben, ein Schieferdach, hochstehende Fensterformate und eine verputze Fassade. Eine Rekonstruktion des Fachwerks wird dagegen nicht vorgeschrieben.
Darin sehen wir jedoch einen formalen Fehler der Denkmalpflege, da es in solchen Fällen üblich ist, das beschädigte Holz auszutauschen. Wir halten eine originalgetreue Wiederherstellung der Holzkonstruktion für unabdingbar.
In seiner Blütezeit im Mittelalter war Köln zu großen Teilen mit Fachwerkhäusern bebaut. Durch Neubauten in den folgenden Jahrhunderten, vor allem während der Industrialisierung, ist der Fachwerkanteil immer stärker zurückgegangen. Im Krieg wurden bis auf eine Handvoll alle verbleibenden Vertreter dieser Bauweise zerstört. Die wenigen verbliebenen Fachwerkhäuser im Martinsviertel, die sich nur noch an einer Hand abzählen lassen sind deshalb die letzten Zeugen dieser Baugeschichte Kölns. Außerhalb des Martinsviertels gibt es im gesamten Bereich der Innenstadt lediglich ein weiteres verbleibendes kleines Fachwerkgebäude.
Köln war das kulturelle Zentrum einer ganz eigenen Fachwerkbauweise, die sich beispielsweise von der Bauart im benachbarten Mittelrheintal deutlich unterscheidet. Von dieser baukulturellen Bedeutung der Stadt sind nur noch Bruchteile übrig, die aus kultureller Sicht um jeden Preis erhalten werden sollten.
Wir halten den Abriss und den leichtfertigen Verzicht auf eine exakte Rekonstruktion daher für eine Kulturbarbarei. Notre Dame hat seine hölzerne Dachkonstruktion gerade erst in originaler Bauweise zurückerhalten, in Köln soll dies bei zwei schmalen Fachwerkhäusern nicht möglich sein? Holz ist heute längst wieder ein etablierter Baustoff, manche Firmen bauen sogar Fachwerkhäuser wieder in Serienfertigung.
Aufgabe des Denkmalschutzes ist es, den Quellenwert eines Gebäudes als Zeuge seiner Entstehungszeit zu bewahren. Da es eine komplette Dokumentation der Häuser gibt, braucht man also nur die maroden Balken auszutauschen und kann sich ansonsten an die Dokumentation halten.
Der Stadtkonservator Herr Dr. Werner behauptet, schon die Sanierung der dreißiger Jahre im Heimatschutzstil hätte den Quellenwert des Gebäudes beseitigt. Dem widersprechen wir, da sich, wie Fotos belegen, der äußere Eindruck der Häuser kaum verändert hatte.

Denkmalwürdig ist in so einem Fall nicht nur das originale Material, sondern auch die baukulturelle Idee dahinter, von der heutige Handwerker etwas lernen können. Ist das originale Material wie in diesem Fall verloren, muss wenigstens die Idee und die Bauweise gerettet werden.
Auch die benachbarte romanische Kirche Groß St. Martin besteht nur noch im unteren Bereich aus dem Material der Erbauungszeit, während der komplette Turm eine originalgetreue Rekonstruktion aus neuen Steinen, aber in der alten Bauweise, darstellt. Die beiden Fachwerkhäuser am Fischmarkt müssen diesem Vorbild folgen!
Das Martinsviertel und darin enthalten der direkt am Rhein gelegene Fischmarkt haben eine enorme Bedeutung für den Kölner Tourismus. Sowohl der Investor als auch die Pächter sollten bedenken, dass ein Gebäude in alter Bauweise auch wirtschaftlich einen höheren Wert darstellt, da Touristen und Gäste von dieser stärker angezogen werden. Falls dem Investor die durch die Rekonstruktion erhöhten Baukosten trotzdem nicht zuzumuten sind, sollte die Stadt Köln daher Mittel zuschießen.
Ein „sauber durchdetaillierter moderner Aufsatz, der sich auch so zu erkennen gibt“, wie vom Stadtkonservator Herr Dr. Werner gefordert, ist denkmalpflegerisch der völlig falsche Weg. Es gilt, den Wert der Häuser als Zeitzeugen zu bewahren, aber nicht, sie zu verstümmeln.
Wir rufen den Inhaber der Gebäude dazu auf, alle nötigen Hebel in Bewegung zu setzen, um eine originalgetreue Rekonstruktion möglich zu machen. Der Besitz eines kulturell so bedeutenden Gebäudes verpflichtet zu höchster Sorgfalt. In einer so schwer vom Krieg getroffenen Stadt wie Köln darf die letzte verbleibende Altsubstanz nicht so leichtfertig aufgegeben werden!
Die Entscheidungsträger rufen wir daher dazu auf, sich für die von uns vorgeschlagene Lösung einzusetzen und den Inhaber der Häuser Fischmarkt 1-3 dafür jede mögliche Unterstützung zukommen zu lassen.
Stadtbild Deutschland e.V. Ortsverband Köln
Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden e. V.
Altstadtfreunde Nürnberg e.V.