Gemeinsame Erklärung der Allianz baukulturell engagierter Berliner Bürgervereine:
Nur die vollständige Rekonstruktion der Bauakademie wird zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen.
Die Gleichartigkeit aller vier Seiten des historischen Bauakademiegebäudes ist zentraler Bestandteil seines architektonischen Konzepts. Sie darf keinesfalls einem politischen Kompromiss zum Opfer fallen.
Auch sind eine vollständige Rekonstruktion und die Gewährleistung von Barrierefreiheit kein Widerspruch.
In einem Antrag an das Abgeordnetenhaus machen die Berliner Koalitionsparteien CDU und SPD den Vorschlag, dass beim Wiederaufbau des Bauakademiegebäudes drei Seiten die historischen Fassaden wiedererhalten sollen, die vierte Seite jedoch „für zeitgemäße Anforderungen, wie vor allem die eines behindertengerechten Zugangs und einer Beleuchtung“ geöffnet werden könne. Außerdem wird gefordert, dass sich das Innere an der geplanten Nutzung orientieren solle.
Die Allianz baukulturell engagierter Bürgervereine in Berlin möchte hierzu wie folgt Stellung nehmen:
Die Gleichartigkeit aller vier Seiten des Bauakademiegebäudes beruhte auf damaligen Idealvorstellungen, die auch das Werk des Architekten Karl Friedrich Schinkel geprägt haben. Im Kontrast zur absolutistischen Prachtentfaltung des vorangegangenen Barockstils standen die Gleichwertigkeit und gleichförmige Rhythmik aller vier Fassaden für Rationalität und Zurückhaltung. Der nach allen Seiten hin nahezu gleiche Anblick des Gebäudes war für die damalige Zeit ungewöhnlich und gilt, ebenso wie die weitgehende Übereinstimmung von Fensterachsen und Innenraumaufteilung, als wegweisend für die Moderne. Zugleich wurde der Bau auf diese Weise als ein städtebaulicher Solitär ausgewiesen, der in alle Richtungen gleichermaßen wirken sollte. Anders als beispielsweise beim Berliner Schloss gab es daher keine Schaufassaden und auch keine Fassadenhierarchien.
Es wäre somit ein schwerer Fehler, beim Wiederaufbau des Bauakademiegebäudes auf dieses historisch, konzeptionell und städtebaulich bedeutende Charakteristikum zu verzichten.
Ebenso verdient es die von Schinkel entworfene innere Struktur, deren kleinteilige Rasterung mit den Fassaden korrespondierte, als Teil des Gesamtkunstwerks Bauakademie rekonstruiert zu werden.
Auch die Forderung nach einem behindertengerechten Zugang rechtfertigt nicht den Verzicht auf eine allseitige Fassadenrekonstruktion: an der Westseite des Gebäudes befand sich ursprünglich ein ebenerdiger Zugang, der breit genug für Pferdegespanne war, um die Ladengeschäfte über den Innenhof zu beliefern. Hier könnte ein barrierefreier Zugang vorgabekonform in die historische Fassade integriert werden, so wie dies beispielsweise auch beim Bodemuseum und an der Westseite des Humboldtforums möglich war.
Aus den genannten Gründen fordern wir die Fraktionen der CDU und der SPD dazu auf, ihren Antrag an das Abgeordnetenhaus dahingehend zu ändern, dass allein die vollständige Wiederherstellung der historischen Fassaden des Bauakademiegebäudes die Forderung des Berliner Senats an den Bund und die Bundesstiftung Bauakademie sein kann, und dass Berlin beabsichtigt, dies auf geeignete Weise sicherzustellen.
Berlin, den 31. Mai 2024
Allianz baukulturell engagierter Berliner Bürgervereine:
Berliner Historische Mitte, Errichtungsstiftung Bauakademie, Forum Stadtbild Berlin, Gesellschaft Historisches Berlin, Planungsgruppe Stadtkern im Bürgerforum Berlin, Stadtbild Deutschland Ortsverband Berlin