Braucht eine Metropole – und eine solche möchte Berlin doch werden – wirklich einen Plan?

Etta Ehlers empfiehlt uns einen Artikel in der WELT von heute, in dem Dankwart Guratzsch aufs Korn nimmt, wie sich die Berliner Planungsbehörde 23 Jahre nach der Wiedervereinigung noch immer so tumb gebärdet wie in den ersten Jahren des hauptstädtischen Laufen-Lernens. „Berlin braucht einen Plan“ ist die neueste Devise des Stadtentwicklungssenators Michael Müller, und die Diskutanten stehen schon in den Startlöchern, um in Workshop-Marathons sich aufs neue die Köpfe heiß zu reden über Zukunftsmodelle dieser Stadt, die sich als Hauptstadt der Deutschen herausgefordert fühlt, jenes von Hölderlin dem Deutschen zuerkannte Charakteristikum „tatenarm aber gedankenvoll“ peinlich genau zu erfüllen.

Das hat Berlin gerade noch gefehlt, ein weiteres Jahrzehnt, in dem Kongresse, Workshops, Arbeitsgruppen, ein neues „Stadtforum“ gar sich gegenseitig mit wohlformulierten Arbeitspapieren und elitärer Architekten-Prosa zu überbieten versuchen werden. Warum tut man nicht endlich und einfach das vor der Hand liegende? Warum muss sich die Attraktivität dieser Stadt in wenigen angesagten und überlaufenen Quartieren wie Prenzlauer Berg, Kreuzberg, Charlottenburg erschöpfen? Warum ist man nicht bereit, sich von den Weltmetropolen abzuschauen, was eine funktionierende Hauptstadt von großer Strahlkraft ausmacht? Warum muss es noch immer Stadtviertel von ausgemachter Schäbigkeit und Trostlosigkeit geben, während auf einstigen Brachen wie an der Heidestraße sich das Architekten-Establishment im Präsentieren schimmernder Klötze austoben darf?

Dabei stehen die Zeichen in manchen Stadtgegenden gar nicht schlecht. Diese veredeln sich zusehends mit wohlklingend betitelten und architektonisch ambitionierten Wohnresidenzen, während andere Stadtviertel für den Investoren-Blick einfach nicht existent sind und zunehmend verludern. Wenn Berlin an einem Plan genesen könnte, dann an demjenigen, die in Jahrzehnten dem Planerinteresse abhanden gekommene gigantisch ausgedehnte Gründerzeitstadt wieder in den Fokus zu nehmen und systematisch aufzuwerten – nicht nur funktional, sondern auch ästhetisch, denn nur so lockt man die Menschen. Da ist so unglaublich viel zu tun, dass sich alles Reflektieren erübrigt. Statt zu Diskussionsveranstaltungen sollte der Senator zu Ortsterminen einladen.

Der Artikel: Nicht ganz Berlin kann am Prenzlberg wohnen