Unsere erste Stellungnahme zur Debatte um das Nürnberger Pellerhaus (siehe dazu unsere Rubrik „Städte/Nürnberg“.). Dieser Text ist zugleich ein „Lehrstück“, wieso Rekonstruktionen kulturell so bedeutsam sind.

Für diese Stellungnahme wurden wir übrigens von einigen Nürnberger Denkmalpflegern ganz schön  in die Mangel genommen, die „Entsetzen“ oder „Erschrecken“ äußerten und sich ziemlich unsachlich und ohne echte Argumente vorbringend dagegen wehrten. Oft muss man zugunsten von Wiederherstellung einzigartiger Baukultur und Architekturtradition erhebliche Widerstände überwinden. Vor allem in Nürnberg beim Pellerhaus, wo die Denkmalpfleger der Meinung sind, eine zumindest ästhetisch doch recht belanglose 50er Jahre in Schutz nehmen zu müssen, um die Rekonstruktion des bedeutendsten Renaissance-Bürgerhauses Deutschlands zu blockieren. Da kann man eigentlich nur noch den Kopf schütteln!

Pressemitteilung des Vereins „Stadtbild Deutschland e.V.“ zur möglichen Rekonstruktion der Pellerhaus-Fassade am Egidienplatz

Sehr geehrte Damen und Herren,

„Stadtbild Deutschland e.V.“ ist ein Verein engagierter Bürger, die sich für Schönheit und historisch verankerte Identität deutscher Stadtbilder einsetzen. Wir arbeiten mit zahlreichen Bürgerinitiativen deutschlandweit zusammen und wollen dadurch mithelfen, dass bei künftigen Bauprojekten mehr Sorgfalt auf gestalterischen Anspruch gelegt wird. Uns geht es darum, der Beliebigkeit und Monotonie zahlreicher Neubauten in deutschen Städten etwas Anspruchsvolles entgegenzusetzen. Deshalb setzen wir uns auch für die Rückkehr traditioneller Gestaltungsformen in den Städtebau ein. Es gibt viele internationale Architekten, die dies längst erkannt haben und z.B. wieder mehr Wert auf Fassadendetails und Schmuck, auf ansprechende Dachformen statt Flachdach, legen. Doch in Deutschland ist dieser neue Trend bei den meisten Stadtplanern leider immer noch nicht richtig angekommen, obwohl einzelne erfolgreiche Projekte zeigen, dass solches Bauen auch von Investorenseite begrüßt wird (z.B. Dresdner Neumarkt, Dom-Römer-Projekt in Frankfurt).

In Nürnberg wird aktuell über eine mögliche Rekonstruktion der Fassade des Pellerhauses von 1605 am nördlichen Ende des Egidienplatzes diskutiert, wie sie Karl-Heinz Enderle, der Vorsitzende der „Altstadtfreunde Nürnberg e.V.“, vorschlug. Hauptargument der Gegner einer Rekonstruktion: Die aktuelle Fassade aus dem Jahr 1957 von Fritz und Walter Meyer stehe unter Denkmalschutz und dürfe daher nicht abgerissen werden. Dazu möchten wir vom städtebaulichen Standpunkt zunächst folgende Stellungnahme abgeben:

Der Denkmalschutz arbeitet nicht nach ästhetischen Vorgaben. Er geht einzig davon aus, ob das Gebäude als Baudenkmal seiner Zeit erhaltenswert ist und erfüllt damit generell eine wichtige öffentliche Aufgabe, die auch weiterhin voll unterstützt werden muss. Es gibt jedoch Einzelfälle, in denen denkmalgeschützte Häuser auf Grundstücken stehen, deren Vorgängerbau auch im ästhetisch-künstlerischen Sinne ein großartiges Denkmal darstellte. Dies ist beim Nürnberger Pellerhaus eindeutig der Fall, dessen Fassade ein herausragendes Beispiel der Renaissancearchitektur ist. In solchen Einzelfällen, wenn eine Rekonstruktion des in kunsthistorischer Sicht bedeutsameren Vorgängerbaues das Ziel ist, plädieren wir für eine Aufgabe des Denkmalschutzes für das aktuelle Gebäude.

Durch die von den Altstadtfreunden betriebene Rekonstruktion des Pellerhofes ist bereits ein wichtiger Schritt getan. Die Forderung von Karl-Heinz Enderle, nun, wo sich die Chance dazu bietet, auch die Fassade zu rekonstruieren, ist deshalb der nächste, logische Schritt. Kritische Stimmen gegen solche Rekonstruktionsprojekte gab und gibt es immer einige. Sie sind durch erfolgreiche Rekonstruktionsprojekte der Vergangenheit (Hildesheimer Marktplatz, Dresdner Frauenkirche, Hamburger „Michel“ etc.) aber schon längst entkräftet worden. Alle „historischen“ Bauwerke in Deutschland und Europa sind im Grunde Kopien und bestehen kaum noch aus Originalmaterial. Selbst der Kölner Dom ist durch ständige Reparaturen eifrig dabei, zu einer Kopie seiner Selbst zu werden. Es geht somit nicht um die Originalität des Materials, sondern um die Originalität des Entwurfs. Die mutwillige Zerstörung von Nürnbergs Altstadt war die Folge eines von Deutschland begonnenen Krieges in Zeiten einer Diktatur. Wenn jetzt Bürger Nürnbergs, unterstützt von Bürgern aus ganz Deutschland und weltweit, sich um die Wiederherstellung von Teilen dieses Kulturgutes kümmern, ist dies ein weiteres Zeichen von Frieden und Versöhnung. Dass Kulturgüter auch heute permanent in Gefahr sind und geschützt und wiederhergestellt werden müssen, zeigten uns die Bilder von Sprengungen durch die IS-Terroristen in Palmyra oder Nimrod. Somit ist das Pellerhaus mehr als nur die Summe seines Hofes und seiner Fassade – es ist ein Teil unseres Erbes und seine Wiederherstellung ein Zeichen für Frieden und gegen Extremismus. Wir Mitglieder von „Stadtbild Deutschland e.V.“ unterstützen daher ganz klar den Vorschlag, die Pellerhaus – Fassade originalgetreu zu rekonstruieren, damit ein herausragendes Stück Nürnberg ins Stadtbild zurückkehrt.

Manuel Reiprich, Pressesprecher „Stadtbild Deutschland e.V.“

One thought on “Rekonstruktion der Pellerhaus-Fassade am Nürnberger Egidienplatz?

  1. Das „neue Pellerhaus“ muss deswegen nicht zerstört werden. Man kann die Fassade und die dahinterliegenden Innenräume abtragen und gelegentlich am Stadtrand, wo es nur seelenlose Betonkisten gibt, 1 : 1 wieder aufbauen. Damit bliebe der Bau aus den 50ern nach Wunsch der Denkmalschützer erhalten. In der Nürnberger Altstadt ist das „neue Pellerhaus“ wirklich fehl am Platz! Da gehört nur das schöne alte Pellerhaus hin! Klar!!!
    Nachschrift: Das Alte Toplerhaus wartet auch auf die Rekonstruktion!

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