In Ahlen in Nordrhein-Westfalen hat ein Wettbewerb zu einem neuen Rathausneubau stattgefunden. Das Ergebnis kann – wie so oft auch in anderen Städten – kaum befriedigen und unter den Bürgern regt sich Widerstand.
Unter diesem Link kann der Siegerentwurf angesehen werden:

https://www.wn.de/Muensterland/Kreis-Warendorf/Ahlen/4359134-Architektenwettbewerb-fuer-das-neue-Rathaus-entschieden-Es-soll-ganz-ganz-lange-halten

In einem offenen Brief versuchen wir, die Ursachen für diesen misslungenen Entwurf zu erfragen und regen Verbesserungen an:

Offener Brief des Vorstandes zum Realisierungswettbewerb „Bürgercampus Stadt Ahlen Abschnitt I. Stadthaus“

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,

am 03.02.2021 hat das Preisgericht die Preisträger des europaweit ausgelobten Realisierungswettbewerbs „Bürgercampus Stadt Ahlen Abschnitt I. Stadthaus“ ermittelt. Insgesamt wurden fünfzehn Wettbewerbsbeiträge von Architektur- und Landschaftsarchitekturbüros aus dem gesamten Bundesgebiet fristgerecht eingereicht und einer eingehenden Prüfung durch den Wettbewerbsbetreuer DSK unterzogen. Mit einem einstimmigen Votum wurde der Beitrag des Büros Gerber zum Sieger des Verfahrens erkoren.

Stadtbild Deutschland e.V. wirft in diesem Zusammenhang die Frage auf, wie diese Wahl gestalterisch zu rechtfertigen ist.
Dabei ist die mit dieser Frage einhergehende Kritik ausdrücklich nicht als Kritik an der  gestalterischen Arbeit des erstplatzierten Architekturbüros Gerber zu verstehen.
Es stellt sich vielmehr die Frage, ob bei der Auslobung der Bedingungen für den Wettbewerb, an dem sich 15 Architekturbüros beteiligt haben, genügend auf die Einhaltung gestalterischer Mindestanforderungen geachtet wurde.

Die eintönige Rasterfassade des Siegerentwurfs lässt z.B. keinerlei Reflexion des gewachsenen Ahlener Stadtkolorits erkennen. Nicht einmal bei der Wahl der Fensterformen ist bei den bisherigen Visualisierungen des Siegerentwurfs Abwechslung erkennbar.

Ist bei der Auslobung des Wettbewerbs auf lokale Architekturtraditionen geachtet worden?

Beim Betrachten des Siegerentwurfs fällt auf den ersten Blick auf, dass die klassische Dreiteilung einer Gebäudefassade in Sockel, Mittelteil und Dachbereich nicht beachtet worden ist. Diese Dreiteilung gibt der Fassade eines Gebäudes Ordnung und Struktur und ist eine der Grundbedingungen für gestalterischen Anspruch.
Auch die anderen Entwürfe des Wettbewerbs lassen dieses Prinzip vermissen.

Man könnte ja von diesem Grundprinzip abweichen, wenn der Baukörper eine originelle Form hätte, um allein dadurch ein Hingucker zu sein. Auch das ist aber nicht der Fall. Stattdessen wird den Ahlener Bürgern hier nur ein schlichter Verwaltungsneubau in Kistenform vorgesetzt.

Müsste ein Rathausneubau nicht ein Blickpunkt für die Bürger sein, etwas, mit dem sie sich identifizieren können? Muss es also wirklich diese eintönige Fassade sein?

Hinzu kommen die ökologischen und ökonomischen Aspekte: Die Baubranche trägt erheblich zum Co2-Ausstoß bei und die derzeitige unsichere wirtschaftliche Lage sollte eigentlich zu Sparsamkeit mahnen. Ist ein neuer Rathausbau von dieser Größe wirklich notwendig? Geht es nicht auch kleiner?

Die offiziellen Verlautbarungen der Verantwortlichen lassen pure Begeisterung für diesen Entwurf erkennen. Die zahlreichen Kommentare in den sozialen Medien lesen sich dagegen ganz anders und zeigen eine breite Ablehnung unter der Bevölkerung.

Im Sinne eines lebenswerten Umfeldes und einer größtmöglichen Identifikation der Ahlener Bürger mit ihrer Stadtregierung möchten wir anregen, dass die Bürger in Form eines Bürgerentscheids darüber abstimmen sollten, aus was für einem Rathaus heraus sie regiert werden möchten.

Der Wettbewerb sollte bei negativem Votum dann unter strengeren gestalterischen Auflagen und mit  modernen Formen der Bürgerbeteiligung wiederholt werden.
Beispiele aus anderen Städten -wie etwa das Bürgerbeteiligungsverfahren der Stadt Dresden zum Neustädter Markt-  zeigen, dass diese Verfahren sehr gut funktionieren.

Mit freundlichen Grüßen

der Vorstand von Stadtbild Deutschland e.V.