Die Rheinpfalz berichtete am 26.08.2024 über die Absicht der Stadt, das vor ca. zwei Jahren fertiggestellte Hotel Boardinghaus in der Industriestraße 10 zu kaufen, um darin zunächst neu zugewiesene Flüchtlinge unterzubringen.
Damit ist ein Gebäude in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, welches von unserem Verein schön länger als Ärgernis empfunden wird, weil es sowohl ein klassisches Lehrstück für mangelnde, sanierungsanfällige Bauqualität, wie für den vielfach unzureichenden Umgang der städtischen Verwaltung mit den geltenden Gestaltungssatzungen ist.
Das Gebäude befindet sich nämlich in der Zone der Satzung der Innenstadt zum Schutz der Landauer Stadterweiterung der Gründerzeit, die als Grundlage der Bewertung der Gestaltung im Umgang für Umbauten und Neubauten dient.
In deren Vorwort (Präambel) ist das klare Ziel formuliert, für „die Bewohner und Bewohnerinnen und die Besucher und Besucherinnen ein lebendiges und unverwechselbares Stadtbild in der Landauer Innenstadt zu sichern“. Dazu soll sich „Neues dem Bestehenden harmonisch einzufügen, sich in das Stadtbild integrieren und damit das Gebiet der gründerzeitlichen Ringstraßenerweiterung unter Wahrung seines spezifischen Charakters behutsam weiterentwickeln“.
Dieses Gestaltungsziel, in dem sich übrigens Anspruch und Wille der Landauer Bürger ausdrückt, wird nach unserer Ansicht beim Hotel Boardinghaus nicht hinreichend berücksichtigt.
Denn bei der Gestaltung des Gebäudes wurden weder die historische Umgebung der Ringstraßenbebauung, noch die unmittelbar danebenliegenden Einzeldenkmäler, berücksichtigt. Beispielsweise ist der ganze Körper des Hauses viel zu überdimensioniert und die Fassaden sind glatt und – im Gegensatz zu den umgebenden Häusern – nicht kleinteilig gestaltet.
Diese mangelhafte Integration führt zu einer negativen Veränderung des Landauer Stadtbildes und lässt uns erheblich an der Genehmigung des Gebäudes zweifeln.
Wirft man einen Blick in die Gäste Bewertungen des Boardinghauses, so fällt auf, dass es nur zum kurzzeitigen Wohnen (für 1-2 Tage) als akzeptabel bezeichnet wird. Für einen längeren Aufenthalt ist es dem entsprechend ungeeignet, was die Planungen der Stadt, das Gebäude für Wohnzwecke zu kaufen, mindestens fragwürdig erscheinen lassen.
Die schlechten Bewertungen mögen auch daran liegen, dass die Räume Richtung Stichgasse äußert eingeschränkte Blicke auf eine trostlose Fassade der Nachbarhäuser bieten und ohne Anteil am privaten Innenhof des Ensembles sind. Aufgrund der Übernutzung des Grundstücks ist der Innenhof in eine vollständig zugepflasterte Einöde verwandelt worden.
Leider werden die Landauer, aufgrund mangelhaften Geschicks zur Organisation einer sozial verträglichen Bebauung, auch an anderen Stellen der Stadt zunehmend mit anonymer Austauscharchitektur konfrontiert, die – trotz der geltenden Gestaltungssatzungen – vielfach offenbar in bewusstem Kontrast zur historischen Umgebung genehmigt werden.
Als eklatantester Verstoß dürfte Vielen das verglaste Betonregal in Schlachthofstr. 13 gelten.
Es entwertet hier den Boulevard Ostbahnstraße und die Sicht aus dem Ostpark in nahezu grotesker Weise, weil es keinerlei Bezug zur historischen Nachbarbebauung enthält und damit einen für jedermann sichtbaren, eklatanten Verstoß gegen die hier geltende Satzung darstellt.
Derartige Investorenprojekte wie auch das Hotel Boardinghaus bedürfen vielmehr der sorgfältigen, städtebaulichen Einschätzung auf ihre Verträglichkeit, da sie aufgrund fehlender Gestaltung, einer übermäßigen Verdichtung und sanierungsanfälliger Bauweise nicht nachhaltig nutzbar und zugleich nicht förderlich für das historisch gewachsene Stadtbild der Umgebung der Ringstraßen der Stadt sind.
Wir stellen also fest:
Wenn Gewerbegebietsarchitektur in die Innenstadt vordringt, wie z.B. beim Hotel Boardinghaus, wird überdeutlich, dass die geltenden Gestaltungssatzungen (Innenstadt und Kernstadt) dringend verändert werden müssen, um den berechtigten Anspruch unserer Bürger auf ein intaktes Stadtbild auch tatsächlich durchsetzen zu können.
Als notwendigen, ersten Schritt schlagen wir daher vor, das Ziel der „harmonischen Einfügung“ aus den Präambeln herauszunehmen und es stattdessen in den Rang eines ersten Paragraphen zu erheben.
Denn derartige Satzungen bleiben zahnlos, wenn sie nicht einen verbindlichen grundlegenden Paragraphen 1 haben. Das ist gut vergleichbar mit der Straßenverkehrsordnung, welcher dort z.B. die gegenseitige Rücksichtnahme als Grundlage aller Bewegung im öffentlichen Raum zur Regel erhebt, an die sich alle halten müssen.
Weitere Präzisierungen wären gewiss sinnvoll und wir hoffen, dass die ein oder andere Fraktion oder der zuständige Ausschuss unser Anliegen aufgreift.
Für uns steht fest: Wenn es so bleibt, wie bisher, werden wir im Innenstadtbereich noch viele weitere „Bausünden“ erleben.
Daher fordern wir die sachgerechte, zügige Änderung der Satzungen, um der zunehmenden Verödung der Innenstadt entgegenzuwirken und das (noch) identitätsstiftende Landauer Stadtbild attraktiv zu erhalten.
Mario Albers
Joachim Weißmann